Heinrich Heine: Die Zeit rollt rasch vorwärts (1843)
Die Eröffnung der beiden neuen Eisenbahnen, wovon die eine nach Orleans, die andere nach Rouen führt, verursacht hier eine Erschütterung, die jeder mitempfindet [...] Die ganze Bevölkerung von Paris bildet in diesem Augenblick gleichsam eine Kette, wo einer dem anderen den elektrischen Schlag mitteilt. Während aber die große Menge verdutzt und
die äußere Erscheinung der großen Bewegungsmächte anstarrt, erfasst den Denker ein
Grauen, wie wir es immer empfinden, wenn das Ungeheuerste, dass Unerhörteste geschieht, dessen Folgen unabsehbar und
sind. Wir merken bloß, dass unsere ganze Existenz in neue Gleise fortgerissen, fortgeschleudert wird, dass neue Verhältnisse, Freuden und Drangsale uns erwarten, und das Unbekannte übt seinen
Reiz,
und zugleich beängstigend. So muss unsern Vätern zumut gewesen sein, als Amerika entdeckt wurde, als die Erfindung des Pulvers sich durch ihre ersten Schüsse ankündigte, als die Buchdruckerei die ersten Aushängebogen des göttlichen Wortes in die Welt schickte. Die Eisenbahnen sind wieder solch ein providencielles [schicksalhaftes] Ereignis, das der Menschheit einen neuen Umschwung gibt, das Farbe und Gestalt des Lebens verändert, es beginnt ein neuer Abschnitt der Weltgeschichte, und unsre Generation darf sich rühmen, dass sie dabei gewesen. Welche Veränderungen müssen jetzt eintreten in unsrer Anschauungsweise und in unsern Vorstellungen! Sogar die Elementarbegriffe von Zeit und Raum sind
geworden. Durch die Eisenbahnen wird der Raum getötet, und es bleibt nur noch die Zeit übrig.